Prozesse

Erfahrungsgemäss ist der erste Zugang zu einem umfangreichen Prozessmodell nicht ganz einfach. In einem Wust von neuen Begriffen und Begriffs-Definitionen, Querverweisen, Bezügen sowie der formale Sichtweise verliert man manchmal Sinn und Zweck von Prozessmodellen aus den Augen und welche Ziele damit verfolgt werden.

Daher soll hier der Versuch unternommen werden, grundlegende Prinzipien vorab stärker herauszuarbeiten und auf zu frühe Detaillierung zu verzichten. Dazu müssen zunächst noch einmal die wesentlichen Elemente, die für alle Prozess-Sichten gelten, herausgearbeitet werden.

Prozess-Definition:
Ein Prozess ist laut ISO 9000:2000+ ein „Satz von in Wechselbeziehung oder Wechselwirkung stehenden Tätigkeiten, der Eingaben in Ergebnisse umwandelt“. Eine weitere Definition eines Prozesses lautet sinngemäss: „ein Satz von zusammenhängenden oder aufeinander einwirkenden Aktivitäten, die die Eingaben (inputs) in Ausgaben/Ergebnisse (outputs) transformieren“.

Ein Prozess beschreibt also eine Folge von Einzel-Aktivitäten, die sukzessiv ausgeführt werden, um ein definiertes Ziel zu erreichen. Im Gegensatz zum Projekt wird ein Prozess in Abhängigkeit des Prozess-Metamodells öfter durchlaufen.

Ein Prozess kann Teil eines anderen Prozesses sein oder andere Prozesse enthalten bzw. diese anstossen. Prozesse gehen oft über Abteilungs- und Betriebsgrenzen hinweg und gehören zur Ablauforganisation eines Unternehmens.

Ein Prozess definiert den Fluss und die Transformation von Material, Informationen, Operationen und Entscheidungen. Generell werden Prozesse in Teilprozesse aufgeteilt, die sich wiederum in Schritte und Aktivitäten gliedern.

Struktur von Prozessen
Wichtige Merkmale eines Prozesses stellen die Bündelung und Strukturierung funktionsübergreifender Aktivitäten mit einem Anfang und einem Ende, sowie genau definierte Inputs und Outputs dar.

Wesentlich ist in diesem Zusammenhang die Messbarkeit der In- und Outputgrössen. Input und Output (Eingaben / Ergebnisse) können jeweils Informationen, Gegenstände, Ereignisse und/oder Zustände sein.

Ein wohldefiniertes Prozesssystem strebt einen Wertschöpfungsprozess an, welcher bezüglich Ressourcenverzehr, Durchlaufzeiten und Qualität permanent optimiert werden sollte (-> Prozessverbesserung --> ISO-9000).

Idealerweise stellt der erzielte Output für das jeweilige Unternehmen einen höheren Wert als der ursprünglich eingesetzte Input dar.

Prozess-Bewertung:
Die Prozessbewertung geschieht durch sogenannte Assessments (Dokumenten-Reviews und Interviews), die Stärken und Schwächen von untersuchten Prozessen aufzeigen.

Nach einem Assessment kann man Prozessen einen bestimmten Fähigkeitsgrad z. B. auf einer Skala von 0 (sehr schlecht) bis 5 (extrem gut) zuordnen. Aus den Anforderungen des jeweils nächsthöheren Fähigkeitsgrades kann man dann mögliche Prozessverbesserungen ableiten.


Die grundlegenden Abläufe zeigt obiges Bild.

Prozesssicht
Viele wichtige aktuelle Qualitätsstandards wie z.B. ISO-9000, ISO-16949, ISO-15504 (SPICE) und CMMI sind prozessorientiert. Prozessorientierung ist keine neue Erfindung. Ihre Anfänge gehen bis in die erste Hälfte des letzten Jahrhunderts zurück (z.B. William E. Deming).

Prozesselemente
Die obigen Definitionen sind in dieser Form beim ersten Lesen wenig zugänglich. Im Folgenden sollen daher wesentliche Eigenschaften von Prozessen vorgestellt werden, um das Prozesskonzept besser zu verdeutlichen.

Die Tätigkeiten/Aktivitäten in einem Prozess werden von Menschen ausgeführt, die wohldefinierte Rollen mit einer bestimmten Verantwortung in diesem Prozess einnehmen, um ein vorher definiertes Ziel mit bestimmten Ergebnissen zu erreichen.

Ein Prozess ist niemals Selbstzweck, sondern soll ein konkretes Unternehmens-Ziel unterstützen. Insofern bilden Prozesse heute einen wichtigen Bestandteil der Corporate Governance (CG).

Prozessziele
Ein Prozess ist also immer zielorientiert. Anders als ein Wunsch muss ein Ziel

  • realistisch sein,
  • möglichst konkret beschrieben sein,
  • durch eigenes Handeln erreichbar sein,
  • mit geplanten Massnahmen durchführbar sein,
  • innerhalb einer bestimmten Zeit nachweisbar erfüllt werden.

Zielerreichung
Um feststellen zu können, ob und wie gut man sein Ziel erreichen wird, muss man sich also schon sehr früh bei Prozessdefinitionen überlegen
  • wie man das Ziel möglichst präzise beschreiben kann,
  • welche Faktoren entscheidend für den Erfolg sind,
  • welche Risiken es gibt, die die Zielerreichung gefährden können (Misserfolgsfaktoren),
  • wie man feststellen kann, ob und wie gut man das Ziel erreicht hat, also geeignete Qualitätsmerkmale definieren,
  • welche Kennzahlen oder Metriken Auskunft darüber geben, ob und wie man das Ziel erreicht hat oder voraussichtlich erreichen wird.

Risikomanagement
Wenn man in der Lage ist, rechtzeitig zu messen, ob man auf dem richtigen Weg ist, dann kann man auch geeignete Massnahmen ergreifen, wenn die Zielerreichung gefährdet ist (=Risikomanagement). Damit hat man den klassischen PDCA-Regelkreis (Plan-Do-Check-Act Cycle) nach Deming realisiert.

Die HW- & SW-Projekte finden Sie auf der Webseite von heslab Heinrich E. Seifert